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Saisonanalyse der 2. Mannschaft des SV Grün-Weiss Sommerrain

Saison 2021/2022

Normalerweise sind große Vereine wie der VfB, Bayer Leverkusen und Borussia Mönchengladbach dafür bekannt, dass sie in der Hin- und Rückrunde komplett unterschiedliche Gesichter zeigen. In diese Liste darf sich nach dieser Saison die zweite Mannschaft des Grün-Weiß Sommerrain ebenfalls eintragen.

Während in der Hinrunde regelmäßig 11 ängstliche Teilzeit-Sportler mit der Körperspannung eines nassen T-Shirts über den Platz geisterten, zeigte die Männer vom Masurenpark in der Rückrunde Kampfgeist, Siegeswille, Moral und Selbstvertrauen in das eigene Spiel. Diese Entwicklung kam dabei so erfreulich wie überraschend. Hätte jemand trotz der Abgänge von vier Leistungsträgern in der Winterpause einen solchen Leistungssprung prophezeit, wäre ihm zu Zeiten des Mittelalters mit dem Morgenstern der Teufel aus dem Schädel ausgetrieben worden. Doch die Sportwelt hatte offensichtlich unterschätzt, welch Wirkung der winterliche Wechsel auf der Trainerbank entfalten wird.

Zu verübeln ist das niemandem, hatte Abteilungsleiter Mosca mit Nützler als neuem Coach schließlich auf ein Pferd gesetzt, dass für viele reichlich unbekannt daher kam - was sicherlich auch darin begründet ist, dass Nützler so belanglos aussieht, dass er mit "muss mich erstmal finden" keinen inneren Gedankenprozesse, sondern seine alltäglichen Probleme beim Betrachten aller Gruppen- und Familienfotos beschreibt. Doch der Mann mit der Ausstrahlung eines leeren Blatt Umweltpapiers hat geliefert und die zweite Auswahl aus dem sportlichen Tief geholt.

Begünstigt wurde sein Start dabei durch die Abmeldung der A-Jugend und den daraus folgenden sechs Zugängen. Getreu Albert Einsteins Weisheit "lieber ein schlechtes Vorbild sein, als gar keins" verkörpert Nützler als körperlich gebrochener und nie über die Kreisliga hinausgekommener Ex-Spieler die perfekte Motivation für die neuen jungen Wilden. Besonders gewillt, nicht wie sein Trainer zu enden, war dabei offensichtlich Abwehrtalent Dröge. Anders als sein Nachname vermuten lässt, zeigte der Junge mit der optischen Erscheinung von Erling Haaland auf Haarwachsentzug trotz zarter 18 Jahre größtenteils spektakuläre Leistungen.

Außerdem erinnerte sich Felk glücklicherweise in der Rückrunde, dass er als Stürmer gebraucht wird und kompensierte mit ein paar wichtigen Toren Kosubeks Wechsel zur Ersten.
Schmitt blieb derweil seiner Linie treu, Gegner durch körperlich eingeschränkt anmutende Fehlschüsse aus nächster Nähe in Sicherheit zu wiegen, nur um ihnen in den letzten 15 Minuten ein Brett aus 40 Metern in die Maschen zu jagen - dieser Schlingel bleibt ein Meister der psychologischen Kriegsführung.

Am meisten verkörperten den zur Rückrunde wieder gewonnenen Einsatzwillen wohl Semling und Fuchs, welche gegnerische 10er wieder mit ihren unnachahmlich Heck-lastigen Zweikämpfen irritierten und dominierten. Kopic beflügelte in der Rückrunde sichtlich, dass die zweite Mannschaft durch private Ereignisse wieder zu seiner einzigen Liebe wurde. Er zeigte Bestleistungen, die konditionell erstmalig über 45 Minuten hinausgingen und ließ sich dabei auch nicht davon verunsichern, dass seine Haarlänge mittlerweile zu einem Aussehen führt, dass offensichtlich wirklich nur noch die eigene Mutter lieben kann.

So gab es viele kleine Erfolgsgeschichten in der Rückrunde, die sich insgesamt zu einem erfreulichen Puzzle zusammenfügten.

In der Rückrunde resultierte das zwar noch nicht in wesentlich mehr Punkten aber in wesentlich besseren Leistungen.
Zum Ende der Saison sahen die treuen Zuschauer des Fanclubs Unterführung Sommerrain zum ersten Mal seit Jahren eine zweite Mannschaft, die Ball und Gegner dominierte, selber das Spiel machte und nur noch ein dummes Gegentor pro Spiel kassierte. Die hauptsächliche Anerkennung für diese Entwicklung gebührt natürlich Coach Nützler, dennoch wurden von Vereinsseite noch einige Awards verliehen:

  • Most Valuable Player: Witzigmanns Asthma-Spray
  • Most Improved Player: Kopics Haarband
  • Offensive Player of the Year: Ratko Milic in der Zweiten
  • Defensive Player of the Year: Ratko Milic in der Ersten
  • Too defensive Player of the Year: Fichter bei jedem langen Ball
  • Goal of the Year: Aimar "Creme Catalan" Garayoa gegen Zuffenhausen III aus 153 Metern
  • Assist of the Year: Olivera Junior gegen SSC über 153 Meter
  • Play of the Year: Schmitt mit dem schwachen Fuß ins Kreuzeck gegen Mühlhausen II - aus 40 Metern selbstverständlich
  • Moment of the Year: Comeback von Kapitän Kaiser am 4. Juni 2022 nach überstandener Krebserkrankung (Danke auch nochmal an die Spieler des SSC für die Geste!)
  • Flop der Saison: Der Körper von Rekordtransfer Fuchs. Sagenhafte 6 Saisonspiele über im Schnitt 45 Minuten - weniger als der Grün-Weiß Sommerrain haben nur Wirecard Aktionäre für ihr Geld bekommen.
  • Record of the Year: Schumi. Ein Training in der gesamten Rückrunde, aber zwei Einsätze. Ein Rekord für die Ewigkeit.
  • Trainingsweltmeister: Heiss. 94% Trainingsbeteiligung (82 Trainings, nur fünf verpasst).

Alle Sieger wurden von Abteilungsleiter Mosca mit einer Ansprache, warum sie trotzdem unrelevante Versager bleiben, geehrt.

So ist die Saison der zweiten Mannschaft nach einer schwachen Hinrunde insgesamt versöhnlich und zukunftsversprechend zu Ende gegangen. Es blieb leider auch unter Trainer Nützler bisher dabei, dass die Trainings- und Spielbeteiligung das Einspielen einer Stammmannschaft und eine größere Konstanz in den Leistungen verhindert.

Es wird spannend zu sehen sein, ob Großteile der Mannschaft angesichts der sportlichen Möglichkeiten in der nächsten Saison eine Prioritätensetzung auf ihr Hobby legen oder weiterhin Sonntage lieber bei der rostigen Hochzeit von ihrer Tante fünfzehnten Grades verbringen. Vielleicht führen auch disziplinierte Neuzugänge dazu, dass diesbezüglich ein Umdenken in der Mannschaft stattfindet. Es wird so oder so eine spannende Sommerpause und erwartungsvolle nächste Saison im Masurenpark werden.

Bericht: Steffen Blunck